Der Sommer hat sich zurückgekämpft, der Hochsommer gar, und mit den Temperaturen drehen auch die Menschen am Rad. So scheint es jedenfalls. Auf einmal höre ich in meiner Community immer mehr von verbalen Übergriffen auf Dicke und hatte dabei selber ein, zwei Erlebnisse der dritten Art.
Ich frage mich - wo kommt das her?
Was macht Menschen so aggressiv wie Wespen? Was macht uns gleichzeitig so dünnhäutig?
Wieso sind wir so hellhörig und wieso beziehen wir alles auf unsere scheinbar offensichtliche Mängel?
Das hier ist mein Versuch, das Phänomen Sommer-Gewichtsmobbing zu erklären,
bzw selber zu verstehen.
Dazu möchte ich mich zunächst einmal in die andere Seite hineinversetzen.
Was lässt (dünne) Menschen also übergriffig werden?
Da gibt es die, die missionieren wollen. Ihr eigener Lebensstil ist für sie das Nonplusultra. Sie denken sich mithin: es kann einem nur gutgehen, der so ist wie ich. Alle anderen fallen aus der Norm des Betrachters und werden dann entweder bemitleidet oder rabiat auf diesen Umstand hingewiesen. Mitleidige Blicke sind die sanfte Form des Mobbings, treffen aber ebenso ins Herz wie eine dahingepöbelte Unverschämtheit. Diese Menschen sind meistens nicht unzufrieden mit sich selber. Das Gegenteil ist hier eher der Fall - sie sind zu sehr von sich selber und ihrer eigenen Lebensweise überzeugt. Versetzen sich nicht in die Lage anderer und hauen bedenkenlos ihre Meinung heraus, ohne zu bedenken, wie das bei dem Gegenüber ankommt. Oftmals handelt es sich hier nicht um bewusstes Mobbing. Aber mit den Hüllen fallen eben auch die Hemmungen.
Dann gibt es die, die sich durch die Anwesenheit anderer Menschen gestört fühlen.
Gerade im Sommer, wenn jeder Hitze entwickelt und schwitzt, ist die Sehnsucht aller nach ein bisschen mehr Abstand verständlich. Der Ärger richtet sich auch hier am ehesten gegen uns Plus Sizer, die wir augenscheinlich am meisten Raum einnehmen. Wenn jemand sich also in einer vollen Straßenbahn oder U-Bahn oder einem zugestopften Bus einen neuen Sitzplatz sucht,
egal wie schnell, egal wie unwillig - lasst ihn ziehen. Er will vielleicht nur etwas mehr Raum für sich.
(Und lässt damit auch mehr Raum für dich. Win Win sozusagen.)
Die ewigen Nörgler gibt es auch noch, bei denen ist es aber egal ob Sommer oder Winter ist, bei denen gilt tatsächlich: wenn ich nicht glücklich bin, darf es auch niemand anders sein. Für die kann ich keine Entschuldigung finden. Denn wer jemanden anderen bewusst verletzt, wer mobbing aktiv betreibt - dem kann man nicht wirklich beikommen. Da ist es meistens das Opfer, das seinen Lebenskreis verändern muss, um Ruhe zu haben. Fair? Nicht wirklich. Aber das Leben ist nicht immer fair.
Kommen wir aber mal zur anderen Seite.
Da nehme ich mich mal stellvertretend unter die Lupe. Im Sommer sind die Kleider die ich trage luftiger, kürzer. Da verhüllt keine Leggings, keine Strumpfhose, keine lange Hose, da wird viel Haut gezeigt. Ausschnitte werden tiefer , Ärmel fallen mithin ganz weg. Ich finde Sommerkleider toll und ich lasse sie mir auch nicht verbieten. Trotzdem bin ich mir meiner Fülle bewusster in diesen blumigen, bunten, "Hier bin ich"-rufenden Textilien als in der Herbst und Wintergarderobe.
Ich weiß, dass andere mich nicht übersehen können. Wo man aber das Gefühl hat, nicht übersehen zu werden, da neigt man dazu, selbst dann Blicke auf sich zu beziehen, wenn es die vielleicht gar nicht gibt. Und die, die wirklich da sind, werden von uns so interpretiert, wie wir gerade drauf sind. Fühlen wir uns gut - am taufrischen Morgen gelingt das wahrscheinlich besser als in der Mittagshitze - sind es vermehrt wohlwollende Blicke, die wir wahrnehmen. Fühlen wir uns unwohl - so wird auch vermehrt Unwillen und Ablehnung in das hineininterpretiert, was einem entgegengebracht wird. Wenn ich das ganze stark vereinfachen wollte, würde ich sagen: Fühlen wir uns erstmal unwohl, dann neigen wir dazu uns selber zum Opfer zu machen. Dann bedarf es manchmal gar nicht die Einwirkung von Aussen. Dann machen wir uns selber im Kopf fertig.
Deswegen frage ich mich inzwischen in Situationen, in denen es mir nicht gut geht in der Öffentlichkeit tatsächlich erst einmal, woran das liegen könnte. Dann klopfe ich als erstes meine eigene Befindlichkeit ab: habe ich genug geschlafen, oder bin ich unausgeruht und daher reizbar? Habe ich alles dafür getan, dass ich mich gut fühle? Kleidung, Make Up. Etwas Ruhe am Morgen. Wenn ich mich dann umschaue und immer noch einen mißbilligenden Blick auf mir spüre, dann weiß ich zunächst, dass das Unwohlsein tatsächlich nicht in mir begründet ist und kann reagieren. Wenn ich denn will.
Ich möchte noch einmal näher auf den Punkt eingehen, dass wir uns manchmal selber mobben.
Worin ist die innere Ablehnung begründet?
Wir propagieren auf der einen Seite den Wunsch, dass man uns so annimmt, wie wir sind. Wir finden uns schön, wir ziehen uns gut an, zeigen unsere Kurven mit Selbstbewusstsein - und befinden uns dabei noch immer im Kampf um Anerkennung. Solange wir aber in dem Bewusstsein herumlaufen, dass unser Wunsch nach Akzeptanz ein Kampf ist, transportieren auch wir unbewusst das Ideal der (schlanken) Norm. Wir messen uns daran, sehen die Unterschiede zwischen denen und uns - und sind noch nicht alle soweit, sich selber von dem herrschenden Diktat freizumachen. Es gibt dann die , die trotzig gegen die Norm rebellieren und bodyshaming gegenüber den Schlanken betreiben.
Und es gibt die, die sich dem Kampf gegenüber geschlagen geben.
Frustessen, Scham, Abscheu - das ist die Spirale, die sich in dieser Kapitulation verbirgt.
Aber zum Glück gibt es immer mehr, die einfach sind wie sie sind.
Die sich selber mögen und das auch ganz ohne Trotz verkörpern.
To whom it may concern:
- seid mit Euch selber im Reinen
- seht nicht Verletzungen dort, wo keine sind
- lasst Euch von dem was dann dennoch passiert, nicht vernichten
Und übt Euch im Vergeben. Der Prozess des Verzeihens ist Seelenbalsam. Wir können nun mal nicht ändern, was vergangen ist. Aber wir können unsere Sicht auf die Dinge ändern. Und wenn wir erst einmal vergeben können, verliert die Situation ihre Bedrohung. Der Angreifer verliert seine Macht. Wir aber haben uns wichtig genommen, haben unser Leid gemildert und damit für uns gesorgt. Wo aber Liebe zu sich selbst herrscht, da kann kein anderer eine Scharte hineinschlagen.
Und wo Selbstzufriedenheit Einzug genommen hat, da hat keine Norm eine Bedeutung.
Da kann man dann allen Kampf und Trotz ablegen und einfach sein.
Der Schlüssel zum Selbstverständnis liegt in der inneren Haltung.
Guten Morgen ihr wundervollen Wesen!
Ich frage mich - wo kommt das her?
Was macht Menschen so aggressiv wie Wespen? Was macht uns gleichzeitig so dünnhäutig?
Wieso sind wir so hellhörig und wieso beziehen wir alles auf unsere scheinbar offensichtliche Mängel?
Das hier ist mein Versuch, das Phänomen Sommer-Gewichtsmobbing zu erklären,
bzw selber zu verstehen.
Dazu möchte ich mich zunächst einmal in die andere Seite hineinversetzen.
Was lässt (dünne) Menschen also übergriffig werden?
Da gibt es die, die missionieren wollen. Ihr eigener Lebensstil ist für sie das Nonplusultra. Sie denken sich mithin: es kann einem nur gutgehen, der so ist wie ich. Alle anderen fallen aus der Norm des Betrachters und werden dann entweder bemitleidet oder rabiat auf diesen Umstand hingewiesen. Mitleidige Blicke sind die sanfte Form des Mobbings, treffen aber ebenso ins Herz wie eine dahingepöbelte Unverschämtheit. Diese Menschen sind meistens nicht unzufrieden mit sich selber. Das Gegenteil ist hier eher der Fall - sie sind zu sehr von sich selber und ihrer eigenen Lebensweise überzeugt. Versetzen sich nicht in die Lage anderer und hauen bedenkenlos ihre Meinung heraus, ohne zu bedenken, wie das bei dem Gegenüber ankommt. Oftmals handelt es sich hier nicht um bewusstes Mobbing. Aber mit den Hüllen fallen eben auch die Hemmungen.
Dann gibt es die, die sich durch die Anwesenheit anderer Menschen gestört fühlen.
Gerade im Sommer, wenn jeder Hitze entwickelt und schwitzt, ist die Sehnsucht aller nach ein bisschen mehr Abstand verständlich. Der Ärger richtet sich auch hier am ehesten gegen uns Plus Sizer, die wir augenscheinlich am meisten Raum einnehmen. Wenn jemand sich also in einer vollen Straßenbahn oder U-Bahn oder einem zugestopften Bus einen neuen Sitzplatz sucht,
egal wie schnell, egal wie unwillig - lasst ihn ziehen. Er will vielleicht nur etwas mehr Raum für sich.
(Und lässt damit auch mehr Raum für dich. Win Win sozusagen.)
Die ewigen Nörgler gibt es auch noch, bei denen ist es aber egal ob Sommer oder Winter ist, bei denen gilt tatsächlich: wenn ich nicht glücklich bin, darf es auch niemand anders sein. Für die kann ich keine Entschuldigung finden. Denn wer jemanden anderen bewusst verletzt, wer mobbing aktiv betreibt - dem kann man nicht wirklich beikommen. Da ist es meistens das Opfer, das seinen Lebenskreis verändern muss, um Ruhe zu haben. Fair? Nicht wirklich. Aber das Leben ist nicht immer fair.
Kommen wir aber mal zur anderen Seite.
Da nehme ich mich mal stellvertretend unter die Lupe. Im Sommer sind die Kleider die ich trage luftiger, kürzer. Da verhüllt keine Leggings, keine Strumpfhose, keine lange Hose, da wird viel Haut gezeigt. Ausschnitte werden tiefer , Ärmel fallen mithin ganz weg. Ich finde Sommerkleider toll und ich lasse sie mir auch nicht verbieten. Trotzdem bin ich mir meiner Fülle bewusster in diesen blumigen, bunten, "Hier bin ich"-rufenden Textilien als in der Herbst und Wintergarderobe.
Ich weiß, dass andere mich nicht übersehen können. Wo man aber das Gefühl hat, nicht übersehen zu werden, da neigt man dazu, selbst dann Blicke auf sich zu beziehen, wenn es die vielleicht gar nicht gibt. Und die, die wirklich da sind, werden von uns so interpretiert, wie wir gerade drauf sind. Fühlen wir uns gut - am taufrischen Morgen gelingt das wahrscheinlich besser als in der Mittagshitze - sind es vermehrt wohlwollende Blicke, die wir wahrnehmen. Fühlen wir uns unwohl - so wird auch vermehrt Unwillen und Ablehnung in das hineininterpretiert, was einem entgegengebracht wird. Wenn ich das ganze stark vereinfachen wollte, würde ich sagen: Fühlen wir uns erstmal unwohl, dann neigen wir dazu uns selber zum Opfer zu machen. Dann bedarf es manchmal gar nicht die Einwirkung von Aussen. Dann machen wir uns selber im Kopf fertig.
Deswegen frage ich mich inzwischen in Situationen, in denen es mir nicht gut geht in der Öffentlichkeit tatsächlich erst einmal, woran das liegen könnte. Dann klopfe ich als erstes meine eigene Befindlichkeit ab: habe ich genug geschlafen, oder bin ich unausgeruht und daher reizbar? Habe ich alles dafür getan, dass ich mich gut fühle? Kleidung, Make Up. Etwas Ruhe am Morgen. Wenn ich mich dann umschaue und immer noch einen mißbilligenden Blick auf mir spüre, dann weiß ich zunächst, dass das Unwohlsein tatsächlich nicht in mir begründet ist und kann reagieren. Wenn ich denn will.
Ich möchte noch einmal näher auf den Punkt eingehen, dass wir uns manchmal selber mobben.
Worin ist die innere Ablehnung begründet?
Wir propagieren auf der einen Seite den Wunsch, dass man uns so annimmt, wie wir sind. Wir finden uns schön, wir ziehen uns gut an, zeigen unsere Kurven mit Selbstbewusstsein - und befinden uns dabei noch immer im Kampf um Anerkennung. Solange wir aber in dem Bewusstsein herumlaufen, dass unser Wunsch nach Akzeptanz ein Kampf ist, transportieren auch wir unbewusst das Ideal der (schlanken) Norm. Wir messen uns daran, sehen die Unterschiede zwischen denen und uns - und sind noch nicht alle soweit, sich selber von dem herrschenden Diktat freizumachen. Es gibt dann die , die trotzig gegen die Norm rebellieren und bodyshaming gegenüber den Schlanken betreiben.
Und es gibt die, die sich dem Kampf gegenüber geschlagen geben.
Frustessen, Scham, Abscheu - das ist die Spirale, die sich in dieser Kapitulation verbirgt.
Aber zum Glück gibt es immer mehr, die einfach sind wie sie sind.
Die sich selber mögen und das auch ganz ohne Trotz verkörpern.
To whom it may concern:
- seid mit Euch selber im Reinen
- seht nicht Verletzungen dort, wo keine sind
- lasst Euch von dem was dann dennoch passiert, nicht vernichten
Und übt Euch im Vergeben. Der Prozess des Verzeihens ist Seelenbalsam. Wir können nun mal nicht ändern, was vergangen ist. Aber wir können unsere Sicht auf die Dinge ändern. Und wenn wir erst einmal vergeben können, verliert die Situation ihre Bedrohung. Der Angreifer verliert seine Macht. Wir aber haben uns wichtig genommen, haben unser Leid gemildert und damit für uns gesorgt. Wo aber Liebe zu sich selbst herrscht, da kann kein anderer eine Scharte hineinschlagen.
Und wo Selbstzufriedenheit Einzug genommen hat, da hat keine Norm eine Bedeutung.
Da kann man dann allen Kampf und Trotz ablegen und einfach sein.
Der Schlüssel zum Selbstverständnis liegt in der inneren Haltung.
Guten Morgen ihr wundervollen Wesen!